Zur festen Tradition geworden ist jährlich das Herbstkonzert des Harmonika-Clubs Karlsdorf-Neuthard, bei dem eine große Zahl an Zuhörern in der Bruchbühlhalle in Neuthard ein abwechslungsreiches und vielfältiges Programm erlebte, dargeboten von den beiden Orchestern des Vereins sowie 2 Gastsängern.
„British Artists“ – wie dieses Motto erahnen lässt, bildete ein Schwerpunkt des musikalischen Programms Musik von Solokünstlern oder Gruppen des 20. und 21. Jahrhunderts aus Britannien. Die Verantwortlichen hatten sich die namhaftesten Künstler und Gruppen ausgesucht.
Den Beginn gestaltete das 1. Orchester unter der Leitung von Wilhelm Nill zunächst mit dem langen konzertanten Stück „Italienische Villanesken“, eine Originalkomposition für Akkordeon-Orchester von Adolf Götz. Mystisch geheimnisvoll beginnt das Werk, die Musik baut sich dann auf und lässt in fröhlichem D-Dur „Italien aufscheinen“. Die Musik dieser Passage erinnert ein wenig an die Alpenlandschaften Südtirols. Im Folgenden werden verschiedene Stile nachempfunden, insbesondere in 3er-Takten, die an Italien erinnern sollen. Allen voran klingen viele Passagen ähnlich einer Tarantella, einem Tanz mit einem Rhythmus in Triolen. In der Mitte steht eine Barcarole, die an eine Gondelfahrt in Venedig erinnert. Die Schlusspassage wird dominiert von der Melodie des Liedes „Bella Bimba“.
Sehr eindrücklich und konzentriert begann das Orchester und gestaltete die vielen abwechslungsreich komponierten Passagen des Werks mit der geforderten Differenzierung in Artikulation, Dynamik und Tempovariation.
Auf das lange Eröffnungswerk folgte – bearbeitet für Akkordeon-Orchester – der „Chant sans Paroles“ (deutsch: „Lied ohne Worte“), op. 2, Nr. 3 von Pjotr Iljitsch Tschaikowsky in einer Bearbeitung für Akkordeon-Orchester von Curt Herold. Bei dieser kurzen Komposition sind der erste und der dritte Teil geprägt von einer grazil-anmutenden 16tel-Gruppe am Ende der Takte, im zweiten Teil imitieren Melodie- und Bassstimme sich gegenseitig. Die Interpretation des Orchesters war zudem gespickt von vielen – in der Romantik üblichen – kleineren Tempovariationen innerhalb weniger Takte, um damit eine Steigerung des Ausdrucks zu erreichen.
Im Anschluss nahm eine 10-köpfige Spielgruppe, bestehend aus Auszubildenden des Vereins an Akkordeon und Keyboard, unter der Leitung von Wilhelm Nill auf der Bühne Platz; für die meisten der Musikanten war es der erste Auftritt bei einem Konzert. Die Formation der Vereinsjugend bot 2 Themen aus der Branche „Film und Fernsehen“ dar: zunächst das Hauptthema des Filmes „Mission: Impossible“ und schließlich die Titelmelodie der Zeichentrickserie „The Flintstones“. Die Musizierenden zeigten keinerlei Nervosität und meisterten gekonnt die Anforderungen der Stücke, z. B. die Taktwechsel beim ersten oder die Synkopen beim zweiten Stück. Aufhorchen ließen auch die originell ausgewählten synthetischen Keyboard-Sounds bei „Mission: Impossible“. Das erkennbare Potenzial der Musikanten wurde durch die Zuhörer entsprechend honoriert; nicht ohne Zugabe durften die Musikanten die Bühne wieder verlassen.
Den letzten Block des 1. Konzertteils übernahm das Seniorenorchester und eröffnete diesen mit einer Interpretation des Liedes „Conquest of Paradise“ des griechischen Komponisten Vangelis (1992), das als Einzugsmelodie des Boxers Henry Maske zu seinen Kämpfen Bekanntheit erlangte. Exzellent abgemischt und ausgewogen innerhalb der einzelnen Stimmen und Passagen überzeugte das Orchester auch durch die abwechselnde Dynamik wie auch die lyrische Gestaltung der Melodie. Der Konzertwalzer „Gold und Silber“ von Franz Lehár schloss sich daraufhin an. Nach einem Beginn im für Walzer untypischen 4er-Takt mit einzelnen Haltepunkten baut sich über einem Orgelpunkt aus der Tiefe die Hinführung zum eigentlichen Walzer auf, der nach vier abschließenden Akkorden mit großen Pausen dann beginnt und nach einiger Zeit mit einem furiosen Finale endet. Insbesondere die Einleitung forderte eine große Vielfalt an Artikulation, Lautstärke und Tempoverschiedenheit; dem Orchester gelang es, diese Vielfalt zur Geltung zur bringen und den Walzer bis zum furiosen Finale souverän auszuführen. Das Seniorenorchester setzte seine Darbietungen mit „Boogie-Woogie-Girl“ fort, einer Komposition für Soloakkordeon – für Orchester bearbeitet – von Renato Bui. Das kurze Stück ist eine Mischung aus Swing und Rock’n’Roll. Den Abschluss bildete die bekannte Polka „Rosamunde“, die 1927 von Jaromir Vejvoda für Blasorchester komponiert wurde. Dem Orchester gelang es, das Publikum mitzureißen und durfte – wie die Jugendlichen – auch nicht ohne Zugabe die Bühne verlassen. Als Zugabe erklang die zweite Hälfte der Polka „Auf der Vogelwiese“ von Josef Poncar.
Der zweite Teil des Konzerts griff dann das Motto auf, ausschließlich mit Werken britischer Künstler und Gruppen, dargeboten vom 1. Orchester sowie den Sängern Raphael Pompe und Stefan Kistner, die teilweise solistisch, teilweise auch im Duett den Gesangspart ausfüllten.
Den Anfang machte eine rein instrumentale Darbietung des Songs „Bohemian Rhapsody“ der Musikgruppe Queen, gefolgt von einem weiteren Queen-Titel „We Are The Champions“ mit Raphael Pompe als Sänger.
Eine weitere bekannte britische Musik-Gruppe des 20. Jahrhunderts sind die unvergessenen Beatles. Das 1. Orchester erinnerte mit einer Zusammenstellung von 3 Beatles-Titeln „Yellow Submarine“, „Hey Jude“ und „Obladi, Oblada“ an die legendären Musiker. Die beschwingend und mit Leichtigkeit vorgetragene Musik regte das Publikum zum Mitsummen und –singen an und entführte so manchen in nostalgische Zeiten.
Kontrastreich in der Programmgestaltung folgte nun mir „Perfect“ zum einen ein lyrischer Song, zum anderen mit Ed Sheeran erstmals Musik eines solistischen britischen Künstlers und einer aus dem 21. Jahrhundert. Stefan Kistner schlüpfte in die Rolle und überzeugte durch ausdrucksreiches Timbre der Stimme.
Elton John darf sicher auch zu den namhaftesten britischen Künstlern unserer Zeit zählen. Mit Raphael Pompe am Gesang musizierte das 1. Orchester ein Potpourri von 4 bekannten Liedern „Crocodile Rock“, „Your Song“, „Sad songs“ sowie „I’m still standing“. Dabei fungierte Jungpianist Michael Betke solistisch am Klavier.
Schließlich schloss sich der gefühlvolle Song „Angels“ von Robbie Williams mit Stefan Kistner an, bevor alle gemeinsam mit dem schwungvollen „Viva la vida“ der britischen Band Coldplay zum grandiosen Finale sich zusammenfanden.
Abschließend dankte der 1. Vorsitzende allen Helferinnen und Helfern, allen Mitwirkenden und den Zuhörenden.
Als Zugabe fungierten alle gemeinsam beim Duett „Don’t let the sun go down“ von Elton John und George Michael. Dabei war gut hörbar, wie beide Stimmen sich auch gegenseitig ergänzen konnten. Mit dieser Zugabe war der musikalische Teil des Konzerts abgeschlossen und klang im anschließenden Beisammensein in Gesprächen zwischen Aktiven und Zuhörenden aus.