Zum festen Jahresprogramm des Harmonika-Clubs Karlsdorf-Neuthard gehört das Herbstkonzert im Oktober in der Bruchbühlhalle Neuthard. Nachdem aufgrund der Corona-Pandemie 2020 das Herbstkonzert ausfallen musste und 2021 unter Auflagen stattfand, war die Durchführung des Herbstkonzerts 2022 gänzlich ohne Auflagen möglich. Wie der Titel des Konzerts erahnen lässt, gab es einen Konzertblock, der mit verschiedenen Spirituals und Gospels gestaltet war. Neben dem 1. Orchester wirkte wieder das Seniorenorchester des Harmonika-Clubs mit sowie – passend zu Gospels – der Frauenchor „Spirit&Voices“ der kath. Pfarrgemeinde Neuthard. Den ersten Konzertteil gestaltete das 1. Orchester unter Leitung von Wilhelm Nill mit einer Zusammenstellung aus einer Originalkomposition für Akkordeon-Orchester sowie Arrangements aus Filmmusik und Pop. Zu Beginn erklang die Modern Rock-Ouvertüre „Crossline“ von Bernd Glück und Jürgen Schmieder, komponiert für Akkordeon-Orchester. Wie der Titel erahnen lässt, ist die Komposition als „Querschuss“ angelegt oder – anders ausgedrückt – „kreuzen“ sich verschiedene musikalische „Linien“ in diesem Werk: Zunächst am Beginn eine langsame fanfarenähnliche Einleitung, gefolgt von einer Passage im Rock-Stil. Recht organisch leitet die Komposition in den nächsten Abschnitt über, in dem sich 3 Linien kreuzen: Rasante Sechzehntel-Figuren umrahmen gemeinsam mit einem markant – fast schon militärisch – klingenden Rhythmus die wieder aufgenommenen „Fanfaren-Klänge“ des Anfangs. Nach einer sich anschließenden ruhigen, elegisch-meditativ angelegten Passage mit einer ausdrucksvollen Melodie greift die Komposition den Beginn mit den Fanfaren-Klängen und dem Rock-Teil wieder auf, die dann mit einem majestätisch-triumphalen Schlussabschnitt endet. Dem Orchester gelang es in beeindruckender Weise, nicht nur die verschiedenen Facetten der einzelnen Abschnitte des Werks passend darzustellen, sondern auch für die Zuhörer in einem ausgewogenen Gesamtklang alle sich „kreuzenden Linien“ erkennbar zu machen. Danach brachte das 1. Orchester den bekannten Song „The time of my life“ aus dem Film „Dirty Dancing“ in einem Arrangement für Akkordeon-Orchester von Matthias Hennecke zu Gehör; dabei hatten sicher einige auch entsprechende Bilder und Szenen aus dem dazu gehörenden Film vor Augen. Den ersten Block beendete das 1. Orchester mit dem Pop-Songs „Eloise“ aus dem Jahr 1968, arrangiert von Hans-Günther Kölz. Dem Orchester gelang es, die verschiedenen Facetten der einzelnen Passagen von den rockig-hämmernden Akkorden bis zur sanften und träumerischen Melodie im Mittelteil nahezu perfekt abzubilden.
Im zweiten Block des Konzerts erwarteten die Zuhörerinnen und Zuhörer die musikalischen Beiträge des von Markus Bellm geleiteten Seniorenorchesters, beginnend mit einer Zusammenstellung verschiedener Melodien aus dem Singspiel „Im weißen Rößl“ von Ralph Benatzky, zusammengestellt und arrangiert von Jacques Huber. So erklangen neben der Titelmelodie z.B. „Im Salzkammergut“, „Zuschaun kann i net“ oder „Was kann der Sigismund dafür“. Das Seniorenorchester meisterte die geforderte Vielseitigkeit in Lautstärke, Artikulation, Tempo und Charakter bei den aufeinander folgenden Melodien enorm und auch mit der großteils notwendigen Leichtigkeit. Als Kontrast zu diesem Potpourri fuhr das Seniorenorchester in seinen Darbietungen mit „Morgens um sieben“, einer Melodie von James Last, arrangiert von Renato Bui fort. Hierbei zeigte das Orchester besonders beeindruckend verschiedene dynamische Abstufungen, die die morgendliche Idylle und das volle Erstrahlen eines schönen Morgens erkennbar machten. Das Seniorenorchester beendete seinen Block mit dem Marsch „Dixie´s Holiday“, einer Originalkomposition für Akkordeon von Willi Münch. Der Titel ist wohl als Anspielung auf „Dixieland“, auf die Südstaaten in den USA, sowie den Dixieland-Jazz zu verstehen, da in der Komposition an einigen Stellen für einen Marsch ungewöhnliche Synkopen eingebaut sind. Nicht ohne die geforderte Zugabe – dem 2. Teil der Polka „Auf der Vogelwiese“ von Josef Poncar – entließ das Orchester das Publikum in die Konzertpause.
Der letzte Konzertteil griff das Motto des Konzerts „Spirit of Gospel“ auf, gestaltet vom 1. Orchester des Harmonika-Clubs gemeinsam mit dem Frauenchor „Spirit&Voices“, der sich passenderweise als Gospelchor kleidete. Intention des Konzertteils war ein Streifzug durch die Gospels. Weil die Gospel-Gesänge aus der afrikanischen Kultur entstammen, begann der letzte Konzertteil mit dem afrikanischen Song „Baba Yetu“. Dabei handelt es sich zwar nicht um einen original-afrikanischen Song; „Baba Yetu“ wurde von Christopher Tin 2005 als Titelmelodie für ein Videospiel komponiert. Der Text aber ist religiös: Das Gebet „Vater Unser“ in swahelischer Sprache. Beeindruckend nicht nur durch die ergreifende Komposition an sich wurde das Gebet besonders durch die Rhythmen der Melodie, die Verständlichkeit des swahelischen Textes im Chorgesang und die ausdrucksstarke Präsenz des Chores zu Gehör gebracht. Daran schlossen sich verschiedene bekannte Spirituals an: Zunächst „Swing low“, „Down by the riverside“ und „O when the saints“ in eher jazzigen Arrangements für Akkordeon-Orchester und Chor; den Spirituals folgte nun ein Potpourri von Alexander Jekic mit dem Titel „Oh Happy Day“, eine Zusammenstellung mit den Gospels „Amen“, „Kumbayah“, „Oh Happy Day“ und „Freedom“. Da sich aus dem Gospel heraus spätere Musikstile entwickelten, bildeten für diese folgenden Stile stellvertretend die Lieder „Morning has broken“ von Cat Stevens, das es heute in verschiedenen Übersetzungen und Texten gibt, und schließlich „Rivers of Babylon“ von Boney M den Abschluss des Konzerts; das Lied ist eine Vertonung von Psalm 137, der von der etwa 50jährigen Gefangenschaft Israels nach der Eroberung der Babylonier im 6. Jh. v. Chr. singt. Die Auswahl erwies sich als krönender Abschluss, der das Publikum intensiv „mitriss“ und zum Mitsingen bewegte. Neben dem Chor übernahm eine kleine Formation den Part von „Boney M“. Nach den Dankesworten an alle Mitwirkenden bekamen die Zuschauer noch einmal „Baba Yetu“ zu hören. Insgesamt erwies sich der Konzertabend als gelungen und ließ so manchen Zuhörer mit wohltuenden Melodien in Kopf und Ohr nach Hause gehen.
Ergänzend sei angefügt, dass am darauffolgenden Tag der Harmonika-Club noch einmal speziell für Familien und Kinder die Zusammenstellung „Ein Löwe wird König“ nach dem entsprechenden Musical bzw. Film mit Orchester, Tänzerinnen und verschiedenen Akteuren in den wichtigsten Rollen des Musicals aufführte. Erstaunlich viele Familien besuchten die Vorführung.